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Resilientes Zeitmanagement in der Forschung

Wie gehe ich mit Unsicherheiten und Rückschlägen um? Warum sollte ich planen, wenn ich in der Umsetzung meinen Plan ständig ändern muss? Wie schaffe ich es, so effizient zu arbeiten, dass ich nicht immer wieder in Zeitverzug gerate?

Resilienz

Solche Fragen bekomme ich in meinen Workshops zum Thema Zeitmanagement oft gestellt. Die Fragen lassen sich leichter beantworten, wenn wir das Konzept der Resilienz betrachten.

Resilienz beschreibt die Fähigkeit, mit Problemen gesund umzugehen. Menschen und Organisationen begegnen Veränderungen, Herausforderungen und Rückschlägen. Wenn sie sich von der Krise berühren lassen, sie verarbeiten und dann wie vorher oder besser noch gestärkt tätig sein können, dann haben sie Resilienz bewiesen. Das Bambus-Prinzip ® nach Ella Gabriele Amann beschreibt das so: Die Stürme des Lebens können resiliente Menschen durchaus als Niederlage empfinden, so wie der Bambus im Tropensturm niedergedrückt wird. Aber so wie Bambus sich wieder aufrichtet und kräftig weiterwächst, so richten sich auch resiliente Menschen wieder auf und entwickeln sich.

Wer resilient ist, kann aus einer inneren Sicherheit heraus flexibel reagieren. Resiliente Menschen sind stabil verwurzelt und gleichzeitig beweglich. Sie können ihren inneren Kompass nutzen, um flexibel auf Herausforderungen zu reagieren.

Resilienz im Zeitmanagement

Forschung ist komplex. Es gilt, verschiedene Aufgabenpakete und oft auch die Arbeitszeit und die Ziele verschiedener Mitarbeiter:innen zu koordinieren. Planung hilft, den Überblick zu behalten. Wer plant, tritt einen Schritt zurück und analysiert: Was haben wir schon geschafft? Mit welchen Ergebnissen? Was bedeutet das für unsere weiteren Schritte?

Das Resilienz-Zirkel-Training nach dem Bambus-Prinzip ® unterscheidet acht Kompetenzfelder, die resiliente Menschen und Organisationen charakterisieren. Sie können als Richtschnur für resilientes Zeitmanagement dienen. Ich möchte drei Kompetenzfelder hervorheben, die besonders wichtige Lernaufgaben für Menschen in der wissenschaftlichen Forschung beinhalten.

Akzeptanz & Realitätsbezug

Was ist dauerhaft leistbar? Mit wie viel Arbeitszeit sollte ich planen? Wie kann ich realistisch planen?

Die Antwort auf diese Fragen ist empirisch relativ einfach zu geben. Die meisten Menschen können am Tag ungefähr fünf Stunden mental anspruchsvolle Arbeit leisten. Sie brauchen regelmäßig Pausen, um sich zu regenerieren: Im Arbeitstag, im Laufe der Woche, im Laufe des Jahres. Der Körper setzt natürliche Grenzen. Wir tun gut daran, unsere Grenzen zu kennen und zu akzeptieren. Menschen neigen dazu zu hoffen, dass sie am Tage der Umsetzung ihrer Pläne Superheld:innen sein werden, die an alle Aufgaben gedacht haben, hochleistungsfähig sind und perfekt eingeschätzt haben, wie viel Zeit sie für die Aufgaben benötigen. Das ist selten zutreffend. Es wird generell empfohlen, nur 60% der Zeit zu verplanen. Denn es tauchen neue Aufgaben auf und wir verschätzen uns. Viele Menschen sind vom Planen enttäuscht, weil sie sich schwer tun, ihre eigenen Grenzen und die Realität des Arbeitens zu akzeptieren.

Resilient ist es, realistische Erwartungen an sich selbst und an andere Menschen zu stellen und Überlastung rechtzeitig zu erkennen. Wo dies nicht geschieht, geht die Flexibilität im Moment der Krise verloren. Es stehen weniger Optionen zur Verfügung und wir sind in unserer Kreativität eingeschränkt. Wer akzeptiert, dass Experimente schief gehen können und dass überlastete Menschen nicht konzentriert arbeiten können, plant realistisch.

Zukunftsgestaltung, Visionen & Werte

Planen kostet so viel Zeit. Es ist besser, einfach anzufangen.

Viele Menschen fühlen sich so gehetzt von der anstehenden Arbeit, dass sie sich nicht trauen, den Schritt aus dem Alltag zu gehen und ihre Pläne zu überprüfen und anzupassen. In Kombination mit der Tatsache, dass Forschungsergebnisse nicht vorhergesagt werden können, halten sie längerfristige Planung dann für überflüssig.

Zeit in Planung zu investieren ist resilient, weil Planung Krisen vorbeugt und weil planende Menschen Schwierigkeiten früher erkennen. Wer regelmäßig analysiert, wie ein Projekt läuft und ob es noch auf Kurs ist, bemerkt früher, dass es notwendig wird umzusteuern. Dafür ist es wichtig, klare Ziele zu benennen und eine Vision zu entwickeln. Resiliente Menschen kennen ihre Prioritäten und können diese auf ihre Arbeit anwenden. Ihr Alltag ist nicht von Deadlines bestimmt, weil es ihnen immer wieder gelingt, ihre Tätigkeit an ihren Zielen auszurichten.

Selbstregulation & Selbstfürsorge

Ich habe keine Zeit für Pausen. Wie kann ich es schaffen, mehr zu arbeiten?

Wissenschaftliche Karrieren sind äußerst kompetitiv. Vielfach herrscht eine Kultur der Überarbeitung. Die Arbeit wird über alle anderen Lebensbereiche gestellt und nimmt zeitlich einen sehr großen Raum ein. Grenzen zu anderen Lebensbereichen verschwimmen. Gerade Wissenschaftler:innen in der Qualifikationsphase übernehmen diese Einstellung, um ihre Chancen auf beruflichen Erfolg zu erhöhen. Wenn sie bemerken, dass ihnen das nicht gut tut, suchen viele ihre Rettung in der Selbstoptimierung: Geht da nicht mehr?

Wer resilient mit Zeit umgeht, schätzt seine körperlichen und geistigen Ressourcen. Resiliente Menschen achten auf ihre Gedanken, ihre Gefühle, ihr Verhalten und körperliche Zeichen. Stress ist hin und wieder völlig in Ordnung, man kann dabei sogar Freude haben. Aber der Ausgleich ist wichtig: Aus der Stresszone sollte es bald wieder zurück in den Bereich gehen, in dem ich kreativ, flexibel und anpassungsfähig bin. Daher ist es wichtig, Anzeichen von Stress ernst zu nehmen und Erholung einzuplanen. Langfristig ist das auch der Schlüssel zu mehr Produktivität.

Mehr Resilienz in der Forschung wagen

Wie lassen sich diese Gedanken im Alltag anwenden? Aus den drei Kompetenzfeldern lassen sich drei Ideen ableiten.

  1. Finden Sie heraus, wie viel freie Arbeitszeit (ohne Meetings) Sie in der Woche haben. Planen Sie Aufgaben für 50-60% dieser Zeit.
  2. Nehmen Sie sich einmal im Monat ein paar Stunden Zeit, klare Ziele zu formulieren. Reflektieren Sie, welche Fortschritte Sie im vergangenen Monat gemacht haben. Planen Sie Zeit für die Arbeit an den Zielen im nächsten Monat ein.
  3. Horchen Sie auf dem Weg zur Arbeit in sich hinein: Wie gestresst oder freudig bin ich heute? Entscheiden Sie, wie viel Pausen Sie heute brauchen.

Foto oben: Christiane Kasack; Foto Mitte: Chuttersnap on Unsplash

Arbeit. Wie sie zu mir passt.

Persönliche Begleitung zu Zeit- und Selbstmanagement sowie Karriereberatung – nicht nur für Wissenschaftler:innen.

Dr. Christiane Kasack

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